Achtlinge

Die Kalifornierin Nadya Suleman hat mit Hilfe künstlicher Befruchtung Achtlinge zur Welt gebracht. Sechs Kinder hatte sie schon. Die jetzt 14-fache Mutter ist unverheiratet, ohne Job und befindet sich im Privatkonkurs. Ihre Mutter gibt zu Protokoll: “The truth is, Nadya’s not capable of raising 14 children.”

Die Sensationsgeburt hatte in den USA zunächst Begeisterung ausgelöst. Als jedoch bekannt wurde, dass die allein stehende Mutter bereits sechs kleine Kinder hatte, schlug der Jubel in Empörung um. (dieStandard)

In geregelten Verhältnissen, also mit Ehemann und ausreichender finanzieller Ausstattung, wäre die Geburt der Achtlinge als wunderbare Erfolgsgeschichte der modernen Medizin gefeiert worden. In Nadya Sulemans Fall ist die Empörung groß und die Medien stürzen sich auf die Geschichte. Frau Suleman, die übrigens Angelina Jolie nicht unähnlich sieht, wird als eine von Kindern besessene und verantwortungslose Person dargestellt, und ihren Ärzten wird vorgeworfen, die Behandlung durchgezogen zu haben.

Das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren eigenen Körper ist ein zentraler feministischer Wert. Dieses Recht wird immer wieder im Namen von Moral, Nation, “Rasse” oder Gesellschaft eingeschränkt. Abtreibungsverbote, Zwangssterilisierungen und der Ausschluss von nicht-heterosexuell lebenden oder alleinstehender Frauen von Reproduktionstechnolgien sind die Folge. In den USA wird diskutiert, ob Apotheker das Recht haben, aus Glaubensgründen keine Verhütungsmittel und die Pille danach verkaufen zu müssen. In kleineren Gemeinden könnte das zur Folge haben, dass diese Produkte vor Ort nicht mehr zugänglich sind. Vor diesem Hintergrund wundert es mich zunächst nicht, dass Feministinnen sich auf die Seite Nadya Sulemans schlagen:

I’ve been on the side of Nadya Suleman ever since the story broke that the octoplet-baring woman was single, jobless, and already had 6 kids to take care of. Yes, it is irresponsible for her to have so many children that she can’t provide for. Yes, it may have been irresponsible of the Fertility Doc to implant 6 embryos. But I don’t like the idea of a fertility doctor making decisions about how many babies a woman should have — no matter what her circumstances. (Bust Blog)

Ich finde diese Position zwar nachvollziehbar, aber gleichzeitig stört mich der Hyper-Individualismus. Während die Entscheidung über den eigenen Körper letztlich Sache des Individuums ist, stelle ich es mir merkwürdig vor, wenn Ärzte und Ärztinnen vor einem individuellen Recht auf Privatheit und eigene Entscheidungen nichts mehr sagen können, was über die medizinischen Aspekte hinausgehen könnte. Das dazugehörige Konzept von Gesellschaft als Ansammlung autonomer Subjekte, deren Verbindungen vor allem aus ökonomischen Tauschbeziehungen bestehen, behagt mir nicht.

Update: Auf dem Bitch Magazine Blog wurde ein Artikel gepostet, der einige wichtige Fragen nach dem Zusammenhang von Klasse und Kinderkriegen aufwirft.

2 comments

  1. Danke für die klaren Worte. Ich finde auch, dass sowas wenig mit dem Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper zu tun hat, sondern dass solche irren Hormonbehandlungen doch nur Geschäftsmacherei sind, die offenbar immer grössere Kreise ziehen. Selbstbestimmung muss ja wohl auch implizieren, dass frau mit ihren Kindern ein gutes Leben leben kann – davon kann da offenbar nach Stand der Informationen keine Rede sein. Das ist doch nur die Sensationsgier unverantwortlicher Ärtz_innen, die das auf Kosten einer Frau und ihrer Kinder auf Publicity machen.

  2. ihdl says:

    In diesem Fall wird bestimmt noch einiges an Kohle zusammenkommen, wenn Suleman beispielsweise die Filmrechte ihrer Geschichte verkauft. Sie hat jetzt auch eine Website (http://www.thenadyasulemanfamily.com/).

    Ich glaube, Selbstbestimmung ist hier schon eine wichtige Frage. Aber es ist nicht die einzige, und mit einem Verweis darauf sind nicht alle Fragen geklärt.

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