Ich habe Prof. Christiane Floyd einmal persönlich erlebt. Das war 2003 oder 2004. In einer Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses Gender Studies an der Uni Hamburg wurde damals über die Aufgaben der beteiligten Fachbereiche verhandelt. Frau Floyd war als Vertreterin der Informatik dabei. Ich fand ihre Art sympatisch und habe mir ihren Namen gemerkt. Ein paar Jahre später fiel bei einem Gespräch mit Informatikstudent_innen auf einer Party ihr Name. Einer erzählte, dass Frau Floyd mit mehreren wichtigen Informatikern verheiratet gewesen sei.
Sympatisch und mit wichtigen Männern verheiratet? Der Ada Lovelace Day kommt mir gerade Recht, um mein Wissen über diese Frau endlich zu erweitern.
Die in Wien geborene Christiane Riedl studierte ab 1961 an der Universität Wien Informatik. Bei einem Studienaufenthalt in München hatte sie einen Ferienjob als Programmiererin bei Siemens, wo sie ab 1966 – nach ihrer Promotion zur Dr. phil in Wien – im Zentrallabor an der Entwicklung eines Algol-60-Compilers arbeitete. Sie ging 1968 für fünf Jahre in die USA und war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Stanford University. Zurück in München war sie von 1973 bis 1977 Leiterin des Bereichs Methodenentwicklung bei Softlab und arbeitet mit Harald Wieler an der weltweit erste Entwicklungsumgebung Maestro I.
Christiane Floyd wurde die erste Informatikprofessorin im deutschsprachigen Raum. 1978 erhielt sie eine Professur an der TU Berlin, und ab 1991 war sie an der Universität Hamburg Leiterin der Fachgruppe Software-Technik (SWT) am Fachbereich Informatik. Sie ist 2008 erimitiert.
In ihren zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sie sich mit so interessanten Themen wie den erkenntnistheoretischen Grundlagen der Software Entwicklung, Konstruktivismus (“In software development, we construct the problem as well as the solution.”), Verantwortung und Ethik. Im Rahmen des STEPS Projekt wurde eine Methode zur Softwareentwicklung entwickelt, bei der die letztlichen Nutzer_innen einbezogen werden.
Floyd war mehrmals Dozentin bei der informatica Feminale in Bremen und an der Internationalen Frauenuniversität ifu beteiligt. Im Rahmen der ifu entstand der Band “Feminist Challenges in the Information Age“, den sie zusammen mit Govind Kelkar, Silvie Klein-Franke, Cheris Kramarae und Cirilia Limpangog bei Leske und Budrich herausgegeben hat.
Christiane Floyd ist also keineswegs nur die Ex-Frau von Pionieren der Informatik, sondern selbst eine Pionierin. Dass sich Informatik nicht auf die Arbeit mit Computern reduzieren lässt, scheint ein zentrales Thema bei Floyd zu sein, die einmal sagte: “Als Informatikerin bin ich damit befasst, Wechselwirkungen zwischen lebendigen Prozessen und trivialen Maschinen zu gestalten” (aus einem Tondokument Seminar Ethik & Informatik (1994), via beat.doebe.li).
Ada Lovelace Day?
Am 24. März schreiben Blogger_innen über faszinierende und bewundernswerte Frauen aus Technologie und Informatik. 1663 Leute haben sich bereit erklärt, an der Aktion teilzunehmen. Auf ada.pint.org.uk findet ihr eine Liste und eine Kartenvisualisierung aller Ada-Lovelace-Day Posts.