“Making, Crafting, Bausteln: Endgegner des Kapitalismus?”. Es geht um die gesellschaftlichen Potentiale von DIY und Co: Wird der Trend zum Selbermachen die Brötchenfrage letztlich auch nicht lösen und bleibt eine Nische für diejenigen, die es sich leisten können, oder steckt in der Leidenschaft fürs Machen auch die Hoffnung auf eine gerechtere und bessere Zukunft für Alle? Am zweiten Tag der Re:publica 2010 behandeln diese Fragen Jens Ohlig und ich in einem Vortrag, der einen Bogen spannt von der “Marke Eigenbau” über Hackerspaces zur dekonstruktivistischen Ökonomiekritik und wieder zurück.
Was du auch machst
Mach es nicht selbst
Auch wenn du dir den Weg verstellst
Was du auch machst
Sei bitte schlau
Meide die Marke Eigenbau
Heim- und Netz-
Werkerei
Stehlen dir deine schöne Zeit
Wer zu viel selber macht
Wird schließlich dumm
Ausgenommen Selbstbefriedigung
Tocotronic: “Mach es nicht selbst”
Tocotronic propagieren in ihrer Anti-DIY Hymne mit distanzierter Künstler-Ironie “Mach es nicht selbst”. Dass es einen Song dagegen gibt, zeigt schon, was für ein Thema Crafting, Making und Bausteln gerade sind. Die “Marke Eigenbau” ist progressiv und irgendwie auch politisch, heisst es. Selber machen fördere Individualität und Kreativität. Die Arbeit ist weniger entfremdet, denn Menschen haben die Kontrolle über das, was sie mit ihren Open-Source-Makerbots machen. Sie sind Produzentinnen, nicht bloß Konsumentinnen, keine unwissenden User, sondern vernetzte und kommunizierende Produser. Häufig bleibt dabei aber ausgeblendet, dass sich nicht alle leisten können/wollen, an dieser Bewegung teilzunehmen. Und müssen wir uns nicht auch fragen, wo die preiswerten Bauteile eigentlich herkommen und unter welchen Bedingungen sie von wem produziert werden? DIY löst die Brötchenfrage anscheinend auch nicht von selbst, und ein iPhone kann man sich nicht selber stricken. Und trotzdem: vielleicht haut es doch nicht so ganz hin mit dem regulativen Ideal des Kapitalismus, dem sich jede und jeder unterordnen muss. Denn schon jetzt gibt es die Unterwanderung des großen Ganzen durch Leidenschaft, Teile der Ökonomie werden von Bastlern gehackt und es gibt wirtschaftliches Handeln, das sich nicht in die große Erzählung der Warenförmigkeit eingliedert. Eine andere Welt ist vielleicht nicht sofort möglich, aber dann jedoch teilweise auch schon da: Queeren, hacken, dekonstruieren von selbst gemachten Problemen mit dem Selbermachen.