Author: Kathrin

#dcka im Januar 2013: 29c3, Anna & Arthur im Social Web

logo des der computer kann alles podcastHier kommt die aktuelle Folge unseres netzpolitischen Magazins im Freien Sender Kombinat: Der Computer kann alles – Januar 2013. Die Themenauswahl gestaltet sich übersichtlich. Wir widmen uns ausführlich dem 29. Chaos Communication Congress, der in Ende 2012 in Hamburg stattfand. Wir besprechen das Motto “Not my department” sowie einige ausgewählte Talks. Alle Links zu den genannten Vorträgen findet ihr hier, die Mitzeichnungen aller Vorträge sind verlinkt im Congress-Wiki, aber auch bei youtube zu finden.

Außerdem werfen wir einen kurzen Blick auf die Sexismusdiskussion rund um den Kongress und die creepermovecards, die dabei eine Rolle gespielt haben. Wie immer ist die Podcastversion der Sendung musikfrei, diese beiden Stücke solltet ihr aber unbedingt anhören:

Tom Lehrer: Wernher von Braun
Moritz Simon Geist: Manual Play

Weitere Themen der Sendung:

  • Das Projekt Hardware für alle, eine Plattform, auf der Hardware verliehen und verschenkt werden kann.
  • Das Statement von Nadir mit dem schönen Titel Plötzlich plappern Anna und Arthur, in dem dazu aufgerufen wird, Facebook, GMX, Google und co. zu verlassen, sich kritisch mit dem Internet auseinander zu setzen und wieder auf unabhängige und sichere Angebote zu setzen.
  • Die schon vor einigen Monaten ausgerufene Deadline für de.indymedia.org mit der Frage, wie es mit diesem linken Medienprojekt weitergehen soll, welche Schwierigkeiten es dabei gibt und was die Perspektiven von Gegenöffentlichkeiten im Zeitalter des Social Webs sind. Zum Weiterlesen und Informieren hier noch der Bericht zu den beiden Indymedia-Treffen, die in den letzten Wochen in Hamburg stattgefunden haben.
  • Am 13. Februar hören wir uns, wenn ihr mögt, wieder: Live vom 17 bis 19 Uhr auf FSK und später dann auf freie-radios.net und im Podcast Feed.

    Was sich zu lesen lohnt (1/2013):

    Allein unter Ahnungslosen
    Nina Hauer über die Zeit nach dem Mandatsverlust. Ein interessanter Einblick, wie ich fand.
    Into the Deep Wide Open
    Mspro hat für die Spex eine Reportage über das Dark Net geschrieben, die jetzt online ist. Ich fand's interessant.
    Memories of My Misogynist Trolls
    Women/Feminists do not only encounter aggressiv trolling online, but also when talking at events or going out with friends. Here's a piece about it. Make sure to read the first comment, too.
    America’s White Male Problem | Alternet
    Frank Schaeffer, ehemaliger Anhänger der religiösen Rechten in den USA, über die pathologische Angst weißer Männer vor dem Verlust ihrer Hegemonie und den Auswirkungen, die das auf die amerikanische politische Kultur hat.

    Ist Internet-Aktivismus eine politische Bewegung?

    Heute morgen fand ich auf Netzpolitik.org (die übrigens gerade auch eine interessante Reihe über sich und ihre Arbeit schreiben) einen Link zu einem längeren Text beim Economist: Everything is connected. Can internet activism turn into a real political movement?

    Aus meiner Forschung kann ich berichten: Netzpolitischer Aktivismus ist nicht auf dem Weg eine Bewegung zu werden, er ist es schon. Wenn man sich anschaut, wie in der Forschung eine soziale Bewegung definiert wird, ist die Frage jedenfalls mit “ja” zu beantworten:

    Eine soziale Bewegung ist ein informelles Netzwerk von Individuen, Gruppen und Organisationen, das über eine kollektive Identität verfügt (Internet als Lebenswelt, Netzkultur, ein Bewusstsein über die Bewegungsgeschichte, Abgrenzung gegenüber den “Internetausdruckern”, Werte wie Informationsfreiheit, Sharing, Transparenz, Hackerethik) und sich mit den Mitteln des öffentlichen Protestes (Kampagnen, Demos usw.) für gesellschaftlichen Wandel (die Gestaltung der digitalen Gesellschaft) einsetzt.


    Auf der Anti-ACTA-Demo. Foto von pierreee auf Flickr. CC BY-SA 2.0.

    Es ist allerdings wichtig, zwischen Internet-Aktivismus als netzpolitischem Aktivismus und Internet-Aktivismus als Aktivismus, der Internettools nutzt (das machen heutzutage fast alle politischen Bewegungen), zu differenzieren. Die Netzbewegung ist das informelle Netzwerk, dass sich mit Netzpolitik beschäftigt. Wenn ich Leuten von meiner Forschung erzähle, sage ich das immer dazu. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass das vielen Menschen noch nicht klar ist, dass Netzpolitik ein eigenes politisches Handlungsfeld ist. Die mangelende Unterscheidung zwischen Internet als Thema und Internet als Werkzeug ist meiner Meinung nach auch der Grund dafür, dass oft so getan wird, als sei diese “Netzgemeinde” etwas ganz Rätselhaftes. Der Economist-Artikel macht diesen Fehler angenehmerweise nicht.

    Netzpolitik und Netzbewegung

    Unter Netzpolitik fasse ich alle politischen Konflikte darum, wie das Internet in einem gesellschaftlich wünschenswerten Sinne gestaltet, genutzt und reguliert werden soll. Dies schließt auch widerstreitende Einschätzungen über die Auswirkungen seiner Gestaltung, Regulierung und Nutzung auf andere Bereiche mit ein.

    Netzpolitik beinhaltet die Internet Governance (die Arenen, Institutionen, Akteure und Prozesse der Internetregulierung) und die inhaltliche Ebene der Internet Policy (die Gesetze und Regulierungen, die hinten rauskommen). Bei manchen davon geht es ganz spezifisch um Themen, die es ohne das Internet gar nicht geben würde (z.B. Regelungen zu Domainnamen), andere sind von allgemeinerer Form. Ein Beispiel ist das Urheberrecht, dass es ja auch schon vor dem Internet gab, wo aber durch das Internet und digitale Technologien Anpassungen in die ein oder andere Richtung nötig erscheinen.

    Die Netzbewegung ist eine zivilgesellschaftliche Strömung, die sich in genau diese Fragen einmischt, Themen und Forderungen in den politischen Diskurs einbringt, Akteur_innen beeinflussen will und protestiert, wenn mal wieder etwas in die falsche Richtung geht. Sie ist aber als Bewegung immer auch mehr als das, nämlich etwas kulturelles, eine Szene oder ein Konglomerat aus Szenen, die etwas miteinander zu tun haben, eine identitätsstiftende Kollektivität. Ein “wir”. Dass die Netzbewegung auch sehr stark auf netzbasierte Tools setzt, liegt auf der Hand, ist aber nicht das, was sie inhaltlich ausmacht.

    Global, europäisch oder national?

    Dann ist da noch die Frage, ob Bewegungen heute noch national funktionieren oder transnational wirksam sein müssen. Unter anderem darüber haben wir im September auf der Netzpolitischen Soiree der Grünen diskutiert (Mitschnitt). Der Economist-Artikel beschreibt das Phänomen als eines, das an verschiedenen Orten der Welt sichtbar wird und dadurch Momentum gewinnt. Ich würde das auch so sehen. Das Thema ist für viele Menschen auf der Welt relevant, auch wenn für die einen der Kampf gegen Zensur, für die anderen der Zugang zum Netz und für dritte die Urheberrechtsproblematik im Vordergrund steht. Es gibt ein Bewusstsein darüber, dass diese Themen etwas miteinander zu tun haben.

    Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass der Alltag von vielen immer noch relativ nationalstaatlich geprägt ist. In Deutschland beschäftigen wir uns hauptsächlich mit der deutschen Netzpolitik, während wir von der österreichischer Netzpolitik schon nur am Rande etwas mitbekommen. Es gibt Verbindungspunkte zwischen den jeweiligen Netzbewegungen vor Ort, das Netzwerk der Kontakte zwischen den einzelnen Leuten und Gruppen innerhalb eines Landes ist aber dichter.

    Das politische Mehrebenensystem, die Tatsache also, dass manche Fragen heute in globalen Verträgen, andere durch Kommissionsbeschlüsse in der EU, dritte wiederum in der Bundespolitik oder auf Landesebene zum Thema werden, macht es für die zivilgesellschaftlichen Kräfte erforderlich, einen Teil ihrer Aktivitäten auf die Ebenen jenseits des Nationalstaates zu beziehen. Das wiederum wirft Fragen nach der Differenzierung und Professionalisierung der eigenen Arbeit auf. Ich würde aber die Tatsache, ob es eine politische Bewegung ist oder nicht, nicht daran messen, ob alle europäischen oder gar weltweiten Akteur_innen vereint mit einer Stimme sprechen.

    Wie umfasend soll’s denn sein?

    Auf besagtem Podium hatten wir schließlich die Frage am Wickel, ob eine Bewegung unbedingt einen “grundlegenden gesellschaftlichen Wandel” herbeiführen wollen muss. Diese Position vertritt u.a. der Bewegungsforscher Dieter Rucht, andere machen das nicht zum Definitionsmerkmal. Ich denke, es gibt durchaus Ansätze in der Netzbewegung, bei denen sich erkennen lässt, dass es um einen grundsätzlichen Wandel gehen könnte.

    Aus meiner Forschungsperspektive ist gerade die Frage interessant, wie in einer Bewegung darum gekämpft wird, was das Ziel ist und wie weitreichend es formuliert wird. Was ist das eigentliche Ziel, also um die umfassende Forderung, die mit allen anderen Forderungen verknüpft sind? Dabei ist natürlich die Frage, wie “grundsätzlich” oder “radikal” eine solche Forderung ist, also wie sehr sich die Gesellschaft grundlegend verändern würde, wenn sich die Bewegung durchsetzt, ein ganz wichtiger Aspekt. Nehmen wir das Thema Urheberrecht: Geht es hier darum, das Abmahnwesen zu beschränken und Netzsperren zu verhindern, oder geht es um einen grundsätzlich anderen gesellschaftlichen Umgang mit Eigentum? Der Economist-Artikel spricht hier die Konzepte Commons und Infrastruktur an, Michael Seemann spricht von Plattformneutralität.

    Den Stellenwert solcher Konzepte und die Frage, ob sie in ihrer Tragweite gesellschaftlich in die richtige Richtung gehen, was diese richtige Richtung ist und mit welchen anderen gesellschaftlichen Kämpfen das etwas zu tun hat, handeln Bewegungen die ganze Zeit über aus.

    Soweit ein kleiner Werkstattbericht, hervorgekitzelt durch eine rhetorische Frage. Ich arbeite ja gerade an einer Doktorarbeit über jene Netzbewegung und forsche schließlich nicht jahrelang über etwas, das es gar nicht gibt! ;-)

    It’s meta-time: Überfordernde Kommunikation

    Text über die Kommunikationskultur im Netz sind gerade hoch im Kurs, denn die Frage, wie wir im Internet miteinander umgehen, scheint vielen auf den Nägeln zu brennen. Das Leben in der digitalen Öffentlichkeit scheint immer anstrengender zu werden. Diskussionen spitzen sich unglaublich schnell zu. Es scheinen sich mitunter in wenigen Minuten instabile Lager zu bilden. Leute fühlen sich zwischen den Stühlen, zerrissen. Ich erlebe das seit einiger Zeit in verschiedenen Zusammenhängen: Unter Feministinn_en, bei den Pirat_innen und in der deutschsprachigen Netz-Nerd-Bubble. Im Grunde immer dort, wo politische Menschen aufeinander treffen. Es mag bei den verschiedenen Gruppen durchaus spezifische Faktoren geben, die eine Rolle spielen. Aber ich sehe auch viele Gemeinsamkeiten, die mich darüber nachdenken lassen, was die medialen Settings damit zu tun haben.

    @Flauscheria und @Kratzeria beim Zanken

    Aus meiner Sicht hat das Problem etwas mit Entgrenzung und Komplexitätsmanagement zu tun. Wir “digital citizens”, wie Forscher_innen uns nennen, sind hochgradig vernetzt und verschiedenen Dynamiken ausgesetzt. Sigrid Baringhorst sprach bei einer Tagung neulich von “Beschleunigung – Dauerhaftigkeit” und “Deterritorialisierung – Lokalisierung”. Nehmen wir als Beispiel die Diskussion um die c-base-Klotür: Zum einen war das eine sehr lokale Debatte, die von den Membern der c-base und ihren Besucherinn_en geführt wurde, die gleichzeitig aber auch von vielen anderen Leute aufgegriffen wurde, die sich für das konkrete Thema oder die damit verbundenen Fragen interessieren (Deterritorialisierung). Kommunikation darüber fand vor Ort statt, auf begrenzten Mailinglisten, auf Twitter, in mehreren Blogs und sicherlich auch in vielen Face-to-Face-Gesprächen in der c-base und anderswo, IRC-Channels und Jabber-Unterhaltungen. Zum anderem zog sich die Diskussion verhältnismäßig lange hin (Dauerhaftigkeit), während sie sich zwischendurch immer mal wieder beschleunigt hat, vor nachdem Leute die Klotür auf einer Party umgestaltet hatten.

    Ich denke, diese Beobachtung lässt sich auch gut auf andere Diskussionen übertragen.

    Da durchzusteigen, und nebenbei noch ein Leben zu führen, ist eine krasse kognitive Leistung. Ich habe den Eindruck, dass das nur möglich ist, wenn wir schnelle Entscheidungen treffen: Setze ich mich mit Argument X auseinander? Oder ist das a) falsch vorgetragen, b) kommt es von der falschen Person, c) kann ich aufgrund meiner Erfahrungen aus einer anderen Diskussion schon ausschließen, dass es mich weiterbringt. Solche Heuristiken sind manchmal eine gute Sache. Eine gute Methode, um mit Überforderung umzugehen, sind sie aber nicht, weil sie das Problem der Beschleunigung verschärfen.

    Ein anderes Problem, dass mir in den letzten Tagen besonders aufgefallen ist, dass nicht nur die eigene Position pointiert vorgetragen wird, sondern auch die vermeintliche Position der “Gegenseite”. Das ist gefährlich, weil sich Leute dann unverstanden fühlen und trotzig werden.

    Kein Wunder also, dass immer mehr Leute die Lust verlieren und sich rausziehen. Wir können im Moment verschiedene Abwanderungs- und Schließungstendenzen beobachten. Die einen setzen auf Protected Accounts bei Twitter, andere nutzen verstärkt Facebook, dritte wiederum leisten sich App.net, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen und dennoch verbunden zu bleiben – ein Gefühl, das den digital citizens wichtig geworden ist. Dabei geht es immer darum, abgegrenzte Räume zu schaffen, die zumindest für den Moment das Risiko minimieren, dass eine Aussage gleich wieder 20 negative Reaktionen nach sich zieht. Ich finde das sehr schade, denn das offene Internet liegt mir am Herzen. Aber ich verstehe, woher das Bedürfnis kommt, gerade auch, weil man mit pseudogeschlossenen Plattformen auch das mit den Trollen und Hatern besser in den Griff bekommt. Die sind ein zusätzliches Problem, mit dem manche hart konfrontiert werden. Nehmt Rücksicht darauf, wenn ihr mit Leuten umgeht und um Himmels willen, erspart ihnen den Tipp, die Trolle zu ignorieren. Wir sind alle schon groß und kennen das Internet. Harassment ist serious, das lässt sich so einfach nicht wegwischen und da muss noch viel drüber nachgedacht werden. Aber das nicht in diesem Text.

    Fragt sich, was daraus folgt. Mehr Auszeiten nehmen ist eine Möglichkeit, sich immer mal wieder Bewusst machen, was da kommunikativ passiert, ist eine andere. Vielleicht ein Set von Fragen aufschreiben und an den Monitor heften. Spitze ich gerade ungerechtfertigt zu? Werfe ich in einen Topf und mache damit Fronten auf, die es nicht gibt? In welcher Situation befindet sich mein Gegenüber gerade? Ist meine Reaktion angemessen? Ich fände es interessant, eine Liste solcher Fragen mit anderen zusammen zu stellen. Hier ist ein Pad.

    Network politics in the surveillance state:
    A 29c3 review

    CHH by night with rocket
    CCH and heart of gold. Picture by anderes_hh on flickr. CC-BY 2.0

    Looking back at this year’s Chaos Communication Congress, I first of all want to say thanks to all the organizers and angels who accomplished moving this event to Hamburg and making it happen. Besides having the privilege of sleeping in my own bed during congress, I really think that CCH (Congress Center Hamburg) is a great venue for congress. Not having to worry if it’s possible to get a seat when arriving last-minute to a talk was great. I didn’t feel lost at all and practically ran into someone I know every five minutes. Congress never was solely about the lectures. You can visit workshops, hang out in the lounge, ball pit and bar areas, visit the hardware hacking area or just wander around and look at all the cool stuff that people bring to congress. The new assemblies are advancing the idea of creating such a space of diverse activities and opportunities to meet people and exchange ideas.

    Concerning the venue, the one thing I didn’t like was the idea of setting up workshops in noisy and crowded areas. There were quite a few designated rooms for workshops, but there were also workshops taking place at assemblies or the Speakers Corner. I’m still wondering if this was intended as an ironic commentary on the idea of everyone speaking out in a public space. I wanted to attend a workshop on netneutrality at Le Quadrature du Net’s assembly, which was located in the middle of the hackcenter. That did not work for me. But I think there is room enough to designate more quiet areas in the CCH for workshops during 30c3.

    Then, of course, there were exhausting discussions about anti-harassment, awareness and creeper cards. I don’t know if I’ll find the time and energy to add to this discussion via this blog, but go and read Philips post (in German). Like Anne mentioned during the policy-meeting: I would be great to have at least one summary of the discussion in English because people really were wondering what’s going on. — Oh, here it is: Ending sexism in hacker culture: A work in progress. For this post, I just wanted to focus on the talks I saw, recommending some of them to watch. Some are already online. For the english speaking audience, there was a live translation of the German talks and you should be able to find downloads and streams with translation a soon.

    My favorite talk at 29c3 was given by Eleanor Saitta and Smári McCarthy. “Long live the protocoletariat!” was highly inspiring in terms of thinking how network politics exceeds questions of regulation of internet by thinking about superseding traditional institutions with P2P “protocols”. Examples that were discussed in the talk are Liquid Democracy and Bitcoin. Many many more questions were asked, like “what happens when Liquid Feedback meets pogroms, how a do-ocracy decides to not do something, how not to be governed (which turns out to be quite like how not to be seen), why incomplete politics are useless”. Though I’m not sure if I understood everything correctly and if I agree on an onthological level with their ideas and analysis (especially with regards to power, discourse and capital), this was the most interesting talk in my opinion and I hope you’ll find the time to watch when the video is up the video.

    I also strongly recommend Anne Roth’s talk on the Germanys intelligence agency Verfassungsschutz (Office for the Protection of the Constitution) and Heike Kleffner and Katharina König’s talk about the far-right German terror group NSU (youtube). Kleffner and König focussed on the involvement of agents in NSU’s context and the German nazi-scene. Following the analysis of both talks, one can just say that the Verfassungsschutz has to be closed down as soon as possible. Instead of protecting the constitution, the agency cross-financed German nazi-structures through their “V-Männer”. That’s just … arggggghhhhh!!!

    Violet Blue’s “Hackers as a high risk population” is also definitely worth taking a look at. She tried to transfer some of the insights from working with other high risk populations like drug users, sex workers or homeless teens to hackers, applying a harm reduction methodology that acknowledges that certain things people do are quite dangerous, but they’re going to do them anyway.

    Jacob Applebaum’s keynote (youtube): While I don’t care too much for him constantly referring to hero-figures, I found it impressive how he managed to connect the fight against the surveillance state of the so-called hacker and information elite with those of everyday marginalized people like is mother who suffers from mental illness. What I took from it was the message that, yes, we already live in a surveillance state, where it’s an ethical decision to not actively support it by for example working in the industries that gain their profits through building it’s technologies. Also, all of us have to check for our coping mechanisms. I’d rephrase this as how we can resist to the surveillance state by also resisting it’s mechanisms of subjectivization and governementality. A critical attitude is about, in Foucault’s words, “the art of not being governed or, better, the art of not being governed like that and at that cost” (from the essay “What is Critique?”). One relatively easy way to support the resistance against surveillance is of course running a tor relay on your computer, using open soft- and hardware and supporting organizations involved in working against surveillance.

    Two of the more technical talks I saw and liked where Moritz Simon Geist’s presentation of his mechanical drumcomputer MD-808 (youtube) and Matthew Borgatti’s lightning talk about 3d-printed prototyping of soft robots. Other talks I saw dealt mostly with network politics issues and I went to some of the traditional talks like Fnord Jahresrückblick and Security Nightmares as well. They were business as usual. A bit amusing and insightful, but not exciting.

    Talks that I still need to watch include Anatol Stefanowitsch’s presentation on language and discrimination and the one on the INDECT project by a guy called Ben (who I think I’ve met on day 4, but I was in a hurry then and did not really listen. Sorry for that!). If you like, please add your favorite talks in the comments.

    nrrrdz000019: hate is in the air

    nrrrdz logo

    Wir sind wieder da! Eigentlich waren wir nie weg, nur haben wir es ein paar Monate lang nicht geschafft, uns zum nrrrdzen zusammen zu setzen. Wir hoffen auf jeden Fall, nicht rauszufliegen, wenn ihr zum Jahresende eure Podcastabos aufräumt.
    Wir greifen ein Thema auf, das gerade in der Luft liegt: Die Probleme der Kommunikationskultur im Netz im Allgemeinen und hasserfüllte Angriffe auf Feminist_innen im Besonderen. Wir überlegen, was Handlungsstrategien und Mittel für Empowerment sein können. Außerdem reden wir App.net, die kostenpflichtige Twitteralternative und die Frage, warum nicht viel mehr Dienste kostenfrei und offen sind und von Stiftungen getragen werden. Zum Schluss gibt es wieder einen Podcast-Tipp: Besondere Umstände von Antje Schrupp und Benni Bärmann.

    Links:
    TED Talk von Anita Sarkeesian
    Medienelite: Wie wollen wir im Netz füreinander Verantwortung tragen?
    High on Clichés: Trollen, Mobbing, Stalking – feministisches Bloggen im Jahre 2012
    Leah Bretz, Kathrin Ganz und Nadine Lantzsch: Hatr.org – Wie Maskulisten den Feminismus unterstützen (erschien in “Die Maskulisten. Organisierter Antifeminismus im deutschsprachigen Raum” von Andreas Kemper, Münster, 2012)
    Sascha Lobo: Netzhass ist gratis

    [podcast]https://www.iheartdigitallife.de/podcast/nrrrdz19.mp3[/podcast]
    Download (mp3, 50,5 MB, 90 Minuten)

    #dcka im Dezember 2012: Piraten, Nazis & das Leistungsschutzrecht

    logo des der computer kann alles podcastDie aktuelle Folge von ‘Der Computer kann alles’ ist jetzt online. Wir sprachen über die Piratenpartei und den Lawblogger Udo Vetter, der ein Mandat der rechten Gruppe “Besseres Hannover” angenommen hat und gerne in den Bundestag einziehen möchte. Breaking war am Tag der Sendung die Bekanntgabe, dass einige Piraten sich im Frankfurter Kollegium zusammenschließen. Ihr hört, wie unspektakulär es sein kann, wenn die Polizei in Nordirland Social Media entdeckt, obwohl gerade Riots sind. Wo bleibt die Panikmache? Panik dagegen in den Häusern Springer und Google: Kommt das Leistungsschutzrecht? Zum Schluss fragen wir uns, was eigentlich der Sinn und Zweck der ganzen Kommentarmöglichkeiten im Netz ist und ob die Leute nicht besser mal die Kresse halten sollten.

    Am 9. Januar hören wir uns, wenn ihr mögt, wieder: Live vom 17 bis 19 Uhr auf FSK und später dann auf freie-radios.net und im Podcast Feed.

    Die freundliche Empfehlung (3.11. bis 8.12.2012)

    Makers: The New Industrial Revolution by Chris Anderson – review | Books | The Guardian
    A critical review of Chris Andersons new book. Favourite quote: " There is indeed very little patience, in this book's Silicon Valley ideology of ambient über-wealth, for the ordinary and humdrum."
    Refugeecamp – Soup von Carridwen
    Geflüchtete, die sich an Berliner Refugee Camp Protest beteiligen, erzählen.
    One Laptop per Child: Wenn äthiopische Kinder wie Äffchen dargestellt werden [Kommentar]
    Zahlreiche Techblogs und Magazine berichteten vor einiger Zeit über ein "One Laptop Per Child"-Projekt in Äthiopien. Der Artikel analysiert, wie darin mit dubiosen Annahmen und durch fehlende Recherche rassistische Vorstellungen über Afrika reproduziert werden.

    Das bisschen Solidarität

    Zurzeit liegt im Petitionssystem des deutschen Bundestages die Petition “Bundespolizei – Äußere Merkmale nicht als Grund für Identitätskontrollen und Durchsuchungen“. Es geht Racial Profiling, die verdachtsunabhängige Kontrollen von Personen, die nicht weiß sind, durch die Polizei. Mal prüfen, ob die Person sich Ausweisen kann, sich legal in Deutschland aufhält oder einfach nur gegen die Residenzpflicht verstößt. Oder mit Drogen unterwegs ist.

    Racial Profiling ist eine institutionalisierte rassistische Praxis, die vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Oktober für rechtswiedrig erklärt wurde. Was heißt das aber konkret? Von Racial Profiling steht im deutschen Polizeigesetz nichts. Theoretisch gibt es das also nicht. In der Praxis allerdings schon, denn was soll dabei raus kommen, wenn verdachtsunabhängige Kontrollen in einer Gesellschaft durchgeführt werden, in der das Wissen von Individuen und Institutionen wie der Polizei von Rassismus geprägt ist? Entsprechend geht es jetzt darum, konkrete politische Forderungen aufzustellen, die diese Praxis verändern:

    • Die Abschaffung der bundesgesetzlichen Regelungen, die verdachtsunabhängige Kontrollen erlauben,
    • eine unabhängige Meldestelle,
    • die Aufnahme von Diskriminierungstatbeständen, die von staatlichen Akteuren ausgehen in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetze,
    • Anti-Rassismus-Trainings und eine Überarbeitung der Einsatzstrategie.

    Das sind die Forderungen, die in der Petition der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und des Büros zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) aufgestellt werden. Das Quorum, durch das eine eine Anhörung vor dem Petitionsausschuss erreicht wird, liegt bei 50 000 Unterschriften.

    Bislang haben erst 9334 Leute unterschrieben. Die Zeichnungsfrist läuft in elf Tagen ab.

    Ist es wirklich so, dass in Deutschland nur Petitionen zu Hebammen und Bürgerrechtsthemen erfolgreich sein können? Racial Profiling ist ein Bürgerrechtsthema, verdammt noch mal! Es geht hier um täglich stattfindende Eingriffe des Staates, die viel unmittelbarer sind als die Vorratsdatenspeicherung. Nicht so digital, nicht so netzpolitisch. Face-to-Face, in aller Öffentlichkeit und auf rassistischer Grundlage: Weil die weiße, deutsche Beamtin weiß, dass die nicht zu uns gehören und man da ruhig mal genau hinsehen sollte. Folge dieser Praxis ist es, dass sich Leute in diesem Land nicht frei bewegen können. Dass sie beispielsweise die Gegend um den Bahnhof in ihrer Stadt möglichst meiden, um nicht ständig kontrolliert zu werden und sich dabei auch noch die Sprüche der Polizist_innen reinziehen zu müssen.

    Mein Freund Pascal schreibt dazu:

    racial profiling begleitet mich seit meiner geburt. racial profiling ist entwürdigend. racial profiling bringt mich mit euren gesetzeshütern (hahahaha) ständig in konflikt. racial profiling interessiert euch nicht. war klar. keiner unterschreibt. ich hatte es geahnt. die enttäuschung ist trotzdem unendlich. ich gehöre nicht zu euch. ist okay.

    Wer sich hier nicht einsetzt, soll mir noch mal was erzählen von wegen Gleichheit und ob jemand Schwarz ist oder weiß sollte doch keine Rolle spielen. Von wegen Bürgerrechte für alle, Plattformneutralität, Diskriminierungsfreiheit. Klar, Petitionen wurden in den letzten Jahren inflationär eingesetzt. Wenn jeden Tag Mails von Campact, Avaaz und Change.org in der Inbox landen, setzt eine Petitionsmüdigkeit ein. Meldete euch halt wieder ab von deren Verteilern, das ist schon ok. Aber hier geht es um Solidarität. Also: Unterschreiben, weitersagen, mit Leuten sprechen und kritisch nachfragen, wenn ihr Zeug_innen von Racial Profiling werdet.

    Weiterlesen:
    www.stoppt-racial-profiling.de
    Shehadistan: Über Gewalt, Komplizenschaft und Racial Profiling

    Discourse does not compute

    Ein schönes Beispiel aus der Reihe “Wer verbindet was mit wem? Angewandte Diskursforschung” heute morgen in der Presse. Anlässlich der Meldung, dass es in diesem Jahr eine Rekordzahl von einer Millionen Sanktionen bei Hartz 4-Empfänger_innen gab, wird eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit zitiert. Sie warne davor, die Zahlen überzubewerten. “Die Missbrauchsquote liege bundesweit bei 3,2 Prozent, demnach hielten sich fast 97 Prozent der 4,35 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher an die Gesetze” (so gefunden bei Spiegel Online).

    Hinter diesem Zitat verbirgt sich die Annahme, Ottilie Normalbürgerin denkt beim Thema “Hartz 4-Sanktionen gestiegen” als erstes daran, dass der Leistungsmissbrauch durch Hartz 4-Beziehende gestiegen sein muss. Sonst würde ja der Staat nicht sanktionieren. Die BA-Sprecherin bezieht sich also auf den hegemonialen Diskurs – “Hartz 4-Empfänger_innen sind faul und erschleichen sich Leistungen auf Kosten der Steuerzahlerin” –, ohne diesen Bezug ist ihre Aussage nicht sinnvoll. Sie bedient also diesen Diskurs, obwohl sie inhaltlich ja erstmal das Gegenteil sagt, nämlich dass die Missbrauchsquote gar nicht so hoch ist.

    Mir fällt beim Stichworten “Missbrauch” und “Hartz 4-Sanktionen” ja als erstes ein, dass viel sanktioniert wird, weil das ganze System voller Schikanen ist. Die Leute können den unmöglichen Forderungen dieses Systems gar nicht nachkommen. Ich frage mich also: Wenn es kein großes Problem mit Missbrauch gibt, wozu eine Million Sanktionen?

    Ich hoffe, dass sich viele diese Frage viele. Es wird schwieriger werden, diesen Diskurs aufrechtzuerhalten, je mehr Leute Erfahrungen mit Gängelung und Sanktionen machen mussten, also wissen, dass die Sanktionen auch sie bzw. Leute, die sie kennen, treffen könnten.