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I heart glossy Feminism


Verpackung ist wahrlich nicht alles. Wenn Studierendenvertreter (fast ohne -Innen) mehr Wert auf corporate identity legen als auf konkrete politische Arbeit, wird mir schlecht. Wenn bei Orgatreffen jedes mal jemand die Zauberformel “medienwirksam” aufsagt, als ob das ein ganz neuer Einfall wäre, roll(t)e ich mit den Augen.

Aber ich liebe meine Hochglanz-BUST. Gelten für Feminismus andere Regeln?

Als Label ist “Feminismus” mit einem bestimmtem Image verbunden. In letzter Zeit, als viel über neue F-Klassen und alte Wellen geschrieben wurde, war das ja ein beliebtes Thema. Immer wieder hießt es, Feminismus müsse popkulturaffiner werden, um mehr Frauen anzusprechen. Oder schlimmer: Sexier werden. Na super. Als ob wir nicht gerade diese Anforderung sowas von über hätten.

Aber ich wollte ja eigentlich eine Lanze für ein Hochglanzmagazin brechen.

Warum? Weil es bei der Frage, wie richtiger Feminismus auszusehen hat, und was richtige Feministinnen zu tun haben, um Normen geht. Es geht um “Richtig”-Sein. Richtig ist, welche widerspruchsfrei ist?

Nein. Für mich heißt Feminismus, dass es möglich ist, komplexe, vielschichtige Subjekte zu verkörpern. “I am not a Feminist, but …” kann leider auch heißen, dass sich welche von der Grundidee angezogen fühlen, sich aber nicht als passend empfinden. Wenn es so klar ist, wie eine Feministin auszusehen hat, wenn aber das eigene Leben anders aussieht, und wenn es dann mit dem eigenen Bild von Feminismus nicht vereinbar scheint – wem bringt das was?

Modezeitschriften Kaufen ist eine klassische gulity pleassure. Seit ich BUST lese, hat der Reiz von Glamour und co. erhebtlich nachgelassen. Das war auch immer ein sehr unbefriedigendes brain-candy. Schade ums Geld. In der BUST steht ja auch was über Eyeliner. Ich kann mir schicke Fotos anschauen, mit dem Unterschied: Mein Geld geht an eine feministische Redaktion, die Artikel schreibt, die ich mit Genuss lese, und die Bilder von Frau-Sein repräsentiert, die ich gut finde. By the way: Sich Schminken ist eine kulturelle Ausdrucksform und nicht einfach nur ein Mittel patriarchaler Unterdrückung. Und wo sonst kann ich lesen, wie ich mir sprudelnde Badekugeln selbst machen kann, aber auch – wie in der aktuellen Ausgabe – wie ich zu Hause Bier braue?

Ich mag Feminismus, wenn er eine Haltung ist, die von vielen verkörpert wird.

Das heißt nicht, dass Konflikte nicht ausgetragen werden sollen. Konflikte zwischen Empowerment-Frauen und welchen, die den Kapitalismus abschaffen wollen beispielsweise. Oder eben Konflikte darüber, ob in der BUST nicht in letzter Zeit doch wieder nur dünne, unbehaarte, den herrschenden Schönheitsidealen entsprechende Frauen auf Modefotos zu sehen sind.

Das heißt auch nicht, dass Irritationsmomente nicht gut sind. Wenn z.B. eine Hetera sich im Gender Studies Kurs zum ersten Mal *allein unter Queers* fühlt, und merkt, wie subtil Normen wirken, kann das im besten Fall ein Aha-Erlebnis sein, dass dazu führt, den eigenen Standpunkt zu hinterfragen. Es kann leider aber auch heißen, dass sie nicht wieder kommt.

Darum halte ich es für besser, die Norm-Frage auch in Sub-Szene zu stellen, und Auseinandersetzungen darüber politisch, d.h. auch kollektiv, und nicht nur individuell mit sich selbst zu verhandeln.

Podcasts: Theorie und Praxis, Popkultur und der ganze Rest

Die Sendung bei FSK heute Abend lief ganz gut. Ich werde demnächst mal die Widerholungstermine für Lorettas Leselampe Spezial raussuchen und hier posten. Apropos Radio:

Wie schön! Ich habe einen deutschsprachigen, feministischen Podcast entdeckt. “Mono. Die weibliche Note” – so der etwas seltsame Name – kommt seit August diesen Jahres ein paar Mal im Monat. In den bisher acht Folgen geht es um Themen wie Comics, Filme, Alice Schwarzer, Gewalt, Vergewaltigung und Abtreibung. Britta Helm, die bisher eine zweistündige Sendung im Münsterer Campusradio hatte, jetzt aber nicht mehr studiert, redet über diese Themen und interviewt Leute, die etwas dazu zu sagen haben. Beispielsweise sprach sie in Folge 6 mit Sarah Diel über Abtreibung im internationalen Kontext. Außerdem gibt es Kinotipps und interessante Veranstaltungshinweise für Münster und andere Städte.

Ich habe den Podcast gestern abonniert und fast alle Folgen schon angehört. Brittas Meinung, z.B. über BUST* und Alice Schwarzer, teile ich nicht immer. Aber wie langweilig wäre das denn? Ich hoffe, Britta findet mit ihrem sehr angenehm hörbaren Podcast viele interessierte Hörer_innen.

* Morgen oder übermorgen werde ich an dieser Stelle begründen, warum die BUST super ist, gerade weil es auch um Amy Winehouses Handtascheninhalt geht.

FSK-Programmhinweis: Loretta Loretta

Am Dienstag Abend lohnt es sich vielleicht das Freie Sender Kombinat einzuschalten. Dort läuft um 20 Uhr Lorettas Leselampe spezial: Queer-/Feministische Kritiken neoliberaler Verhältnisse.

Wie können diese aussehen? Damit diskutieren wir u.a. mit Melanie Groß vom neu gegründeten Feministischen Institut Hamburg, die im Studio zu Gast sein wird. Sie ist Mitveranstalterin der “Feministischen Werkstatt” im Kölibri, bei der jeden zweiten Donnerstag in jedem zweiten Monat immer um 19 – 21 Uhr im Kölibri (Hein-Köllisch-Platz, Hamburg-St.Pauli) queere und feministische Praktiken erörtert werden sollen. Außerdem besprechen wir den im Unrast-Verlag erschienen Band “Queer-/Feministische Kritiken neoliberaler Verhältnisse

Melanie Groß wird leider doch nicht im Studio sein. Insofern ist das Zitat oben realativ sinnlos. Vertreten wird sie aber von einigen anderen Autorinnen des Buches. Einschalten, Stream hören, oder auf Wiederholungen achten… Ob es sich wirklich lohnt, weiß ich erst morgen Abend, denn es ist ja eine Live-Sendung.

Wave after wave

Sonja Eisman bringt es mal wieder auf den Punkt: “Der emanzipatorische Kampf für Frauenrechte ist so glamourös, wie man ihn führt” und der Agonismus zwischen F-Klasse und Altfeministinnen ein Medienhype, der das linke, emanzipatorische und radikale Projekt unsichtbar macht.

Das schönste an Wellen ist doch immer noch ihr Rauschen.

Hugs and Kisses Release-Party am Samstag

Hugs and Kisses – tender to all gender” heißt ein neues, in Hamburg produziertes Magazin zu “queer musik, film, kunst, kultur”. Das 56-seitige, nicht auf Gewinn ausgerichtete Hochglanz-Fanzine erinnert mich von weitem ein bisschen an Persona Non Grata und ähnliche Hefte. Ich hatte es aber noch nicht in den Händen und konnte mir darum auch noch nicht die Fotostrecke “the tunte in me is the tunte in you” von Paula Winkler ansehen, oder das original Käsekuchenrezept von The Gossip ausprobieren.

Eine Release- und Druckkostenparty feiert Hugs and Kisses an diesem Samstag, dem 17. November 2007, im Spundloch in Hamburg. Eintritt 4 Euro, mit Magazin 6 Euro.

“the self proclaimed lesbians get their picture in the yearbook”


Zwei 17-jährige Schülerinnen sind zusammen. Ihr Foto landet unter der Überschrift “The Cutest Couple” im Schuljahrbuch. Die Schule will das zunächst nicht zulassen, erlaubt es dann aber trotz elterlicher Bedenken. Doch es gibt es Insitutionen wie Fox-News und die Sendung The O’Reilly Factor, die sich dem Problem annehmen. Bill O’Reilly, dem Daily Telegraph zufolge immerhin Nummer 82 der 100 einflußreichsten Konservativen in den USA, diskutiert den Fall mit der Psychologin Laura Berman.

O’Reilly, bekannt für seine meinungsstarken politischen Kommentare, hofft glaubt zu wissen, dass dies alles nur eine Provokation sei. Kids machen den Erwachsenen einfach gerne Ärger. Er beruft sich dabei auf Nachforschungen. Wie schön, dass man sich in solchen Fällen noch ordentliche Recherche leistet. Berman sieht in besagtem Foto allerdings vielmehr ein Indiz für die zunehmende Anerkennung von Homosexualität: “homosexuality is becoming thankfully more normalized”. Dankenswerterweise? O’Reilly gibt zu bedenken, dass 50-60 % “des Landes” über diese Aussage Bermans verärgert sein werden. Warum? “We don’t want to normalize homosexuality in a public way, in an academic setting – highschool – among minors.” Und zwar aus drei Gründen. Zum einen ist da der soziale Aspekt: In Amerika sei Homosexuell zu sein schwieriger als Heterosexuell zu sein. Zum anderen gibt es Menschen, die aus religiösen Gründen der Meinung sind, dass dieser “Lifestyle” gegen ihren Glauben verstößt. Falsch ist das beides nicht.

Kommen wir also zum dritten Punkt. Dem Sender liegt brisantes Fotomaterial vor, das uns nicht vorenthalten wird: In der Zwischenzeit wurde auf das Foto der beiden Mädchen gezoomt. Dort sieht man, wie sie Händchen halten: “an exposition of sexuality on minors […] is inappropriate in an acamdemic setting”.

Berman bringt O’Reillys Befürchtungen auf den Punkt: Die Anerkennung von Homosexualität würde dazu führen, dass mehr Menschen Homsexuell werden.

Während Berman der Meinung ist, es gehe hier doch um die Liebe zwischen zwei Menschen, hat O’Reilly den ganz dringenden Verdacht, dass diese “self-proclaimed lesbians” uns ihre Sexualität unter die Nase reiben: “Look, Doctor: There is no reason why Brandy and Lupe had to declare themselves anything other than friends”. In die Schulen gehöre solch unangemessenes Verhalten jedenfalls nicht: “You do not define yourself in a highschool in a sexual way. Period.”

Berman trägt die Diskussion mit viel Fassung und gibt zu bedenken: “You can’t encourage it, it happens any way”. Darauf O’Reilly: “That’s the old argument, let’s legalize drugs because it happens anyway. There should be boundarys.”

Interessant an O’Reillys Äußerungen finde ich, dass er hier argumentiert, dass Homosexuelle vor der Gesellschaft geschützt werden sollten, in dem die Repräsentation von Homosexualität verbannt wird. So würden weniger Leute auf die Idee kommen, Schwul oder Lesbisch zu sein, und alle hätten weniger Probleme. Homosexualität ist schließlich – im Gegensatz zu race – eine Frage des Handelns: “There is a difference between who you are and what you do.” Was man tut, kann man auch lassen. O’Reilly ist diskursiv aus dem Schneider. Er, Autor des Buches “Kids Are Americans Too”, will nämlich nicht, dass homosexuelle Jugendliche tyrannisiert werden. Er will sie vielmehr von der Mehrheit der Bevölkerung – die seiner Meinung nach das Recht hat, ihre homophobe Meinung zu vertreten – schützen. Im Gegensatz dazu muss sich die liberale Psychologin darauf beziehen, dass Homosexualität eine Eigenschaft ist, die einfach da ist.

Es wird deutlich, dass es die Denormalisierung von Heterosexualität wäre, die einen Bruch in diese Debatte einführen würde. Das versucht Berman ansatzweise auch, aber es geht leider unter. Das Privileg der Norm, überall auf unsichtbare Weise sichtbar zu sein, zeigt sich schon darin, dass heterosexuell auftretende Teenager nicht mit dem Vorwurf konfrontiert werden, ihre Sexualität zur Schau zu stellen.

Das Video gibts bei dailymotion.com und natürlich auch bei youtube. Die Chicago Sun-Times hat auch was dazu, und falls jemand an weiteren Meinung interessiert ist, helfen Suchmaschinen.

“But isn’t this the first time we’ve had a debate about identity?”

Consider this a public draft!*

Ohne irgendwas über das ENDA zu wissen, finde ich interessant, was Jeremy im Foucault Blog darüber schreibt. So wie ich das verstanden habe, geht es darum, nicht nur Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlecht (Mann oder Frau) zu sanktionieren, sondern auch in Bezug auf gender identity. Unabhängig von sexueller Oriertung, und unabhängig vom “Ursprungsgeschlecht” (uiuiui). Das ist im allgemeinen Gleichstellungsgesetz wohl auch nicht drin, und ein interessanter Gedanke.

ENDA was first proposed in 1974 and is expected to pass without the additional clause above, which will be voted on separately. In other words there’s a tension between LBG ENDA and a LBGT ENDA covering transgender issues.

Diese Kongresssitzung war auch schon, und ENDA wurde ohne die Berücksichtigung von gender identity verabschiedet. Ich glaube, es wäre lohnenswert, sich diese Debatte auch noch mal genauer anzusehen: Was waren Diskussionspunkte in der öffentlichden und parlamentarischen Debatte, und was waren die Konfliktpunkte zwischen LGB und LGBT?

* Öffentliche Entwürfe – das public beta der schreibenden Zünfte?

Homophob? Nee, Heterosexist.

Im Bestatterblog gibt es eine Diskussion über Sinn und Unsinn der (Homo- und Hetero-) Ehe und da schreibt doch tatsächlich einer in den Kommentaren anlässlich seiner Ansicht, dass zwei Männer sich nicht fortpflanzen könnten und Heterosexualität somit höherwertiger sei:

Könnt mich ruhig als homophob bezeichnen, ich seh das aber als Heterosexismus.

Ist ja interessant.