Category: Queer

nrrrdz000004: kritiken der kritiken an den kritiken

nrrrdz logo

Die Adventssendung von nrrrdz. Stilecht genießen wir die Winter-Edition von Club-Mate und versuchen uns an einer Kritik der Kritiken an den Kritiken. Es geht um den Umgang mit Sexismuskritik und die Frage, warum das alles so schwierig ist. Aktueller Anlass ist der Text Loser der lesbischen Liebe, der im Mädchenblog behandelt wurde. Die Gesichtspalme des Monats gewinnt der Pro7 Videocast SvenGames TV. Außerdem quatschen über den Twitterclient Kiwi, Kathrins Suche nach dem Palmrest-Sensor, Writeflow und Sugru. Ausführliches zu den beiden letztgenannten dann hoffentlich im Januar.

[podcast]https://www.iheartdigitallife.de/podcast/nrrrdz04.mp3[/podcast]
Download (mp3, 48MB)

Workshop Queer meets Disability

Die AG Queer Studies und das Zentrum für Disability Studies an der Uni Hamburg veranstalten am 4. Januar 2010 einen Workshop mit Robert McRuer (Washington) und Heike Raab (Innsbruck), der die aktuellen Entwicklungsstände und die gegenwärtig geführten Debatten der Queer Disability Studies einerseits aus us-amerikanischer Perspektive und andererseits für den deutschsprachigen Raum aufzeigen. Ein Anliegen ist es, die jeweils unterschiedlichen Diskussionsstände darzulegen und neue Anregungen und Impulse für die deutschsprachigen (Queer) Disability Studies zu erhalten. Weitere Informationen im Blog der AG Queer Studies.

Queering Gentrification

Dieser Text ist erschienen in [sic!] Forum für feministische Gangarten Nr. 64, S. 32-33 unter dem Titel “Gibt es eine queere Ökonomiekritik?”

Seit geraumer Zeit finden vielfältige queer-theoretische Auseinandersetzungen mit Kapitalismus und Neoliberalismus statt, die nach den Zusammenhängen von Heteronormativität und sexuellen Politiken mit ökonomischen Verhältnissen und Arbeit fragen. Für eine queere Ökonomiekritik stellt sich immer wieder die Frage, inwiefern queere Politiken in neoliberale Diskurse eingebunden sind. Neoliberale politische Strategien der Ökonomisierung des Sozialen rufen Subjekte als eigenverantwortliche und freie Unternehmer_innen ihrer Selbst an. Paradoxerweise sind neoliberale Verhältnisse damit nicht nur durch den Abbau sozialer Gerechtigkeit und die Einschränkung demokratischer Teilhabe gekennzeichnet, sondern auch durch die Anerkennung von Differenzen, wie beispielsweise Lebensformen, die heteronormativen Vorstellungen nicht entsprechen. Kann diese Ambiguität als Ressource widerständiger Praxen genutzt werden, wie Antke Engel (2009) es fordert, und welche Vorstellung des Kapitalismus ermöglicht es, Widerstand zu denken?
Read more

Wessen Relevanzkriterien?

In der deutschsprachigen Netzszene wird seit ein paar Wochen eine große Wikipediadebatte geführt, in der es um das Löschverhalten von Admins und die Frage, wie speziell in der deutschsprachigen Wikipedia mit Relevanzkriterien umgegangen wird, geht. Die Dabatte könnt ihr in zahlreichen Blogs nachvollziehen, als Background hier mal ein etwas älterer, kurzer Text bei Spiegel Online mit vielen Links und einem Katzenbild: Wikipedia-Autoren ziehen in den Löschkrieg – gegen Katzen.

Was soll in einer kollaborativen Onlineenzyklopädie alles stehen, und was ist irrelenvat? Felix Neumann sieht das Problem in der

mangelnde(n) methodische(n) Reflexion. Die Kriterien Relevanz und Neutralität sind selbst nicht wertfrei. (…) Die ganze Problematik offenbart sich in einem Paradox: Die Wikipedia als Web-2.0-Projekt ist ein postmodernes Medium. Relevanz ist ein modernes Paradigma.

In diesem Zusammenhang finde ich den Hinweis von Wikipedianerin wisewoman, die Johnny Häusler auf Spreeblick zitiert, bedenkenswert:

80% der Wikipedianer in den USA seien männlich, mehr als 65% alleinstehend, mehr als 85% kinderlos und rund 70% jünger als 30 Jahre (Quelle). Zahlen, welche so oder sehr ähnlich die gestern anwesende Wikipedianerin wisewoman auch für Deutschland bestätigte, wobei sie von nur 13% Frauenanteil sprach und außerdem darauf hinwies, dass Wikipedianer in Deutschland so gut wie ausschließlich weiß wären – Deutschsprachler nichtdeutscher Herkunft scheinen in der Wikipedia Seltenheitswert zu haben.

Ohne jetzt mit einem vereinfachten Diversity-Argument daher zu kommen (je unterschiedlicher die Beteiligten desto besser das Produkt), denke ich schon, dass eine selbstkritische Einschätzung nach den Grenzen des eigenen Blickes auf die relevanten Dinge in der Welt notwendig ist. Mich hat die Debatte an den Artikel Gender Trouble im Web 2.0 – Sexismus, Homophobie, Antifeminismus und Heteronormativität im neuen alten Internet von Tanja Carstensen erinnert:

Queer-feministische Inhalte zu löschen, stand auch in der “freien Enzyklopädie Wikipedia” zur Debatte. Im August 2007 wurden dort die Einträge zu “Ladyfest” und “Riot grrrl”zur Löschung vorgeschlagen. Neben Kritik an Relevanz und Qualität der Einträge – der Ladyfest-Artikel wurde als “freie Assoziation zum Thema” charakterisiert, er sei nicht objektiv – schien den Lösch-Befürworter(_inne?)n aber auch das Verständnis von Geschlecht als “hegemoniale heterosexuell verfasste Zweigeschlechtlichkeit” kritikwürdig: “Ich dachte immer das hätte was mit Genetik zu tun.” Auch die im Beitrag enthaltene Aussage, Frauen und Mädchen seien innerhalb der Musik- und Kunstszene unterrepräsentiert, wurde angezweifelt und als Argument für die Löschung herangezogen (vgl. Wikipedia). Fünf Minuten später schlug einer der an der Diskussion beteiligten Personen dann auch noch die Löschung des Eintrags zu “Riot grrrl” vor:

“Ich will mal ganz ketzerisch die Frage nach der Relevant stellen und frage mich auch was das nun genau sein soll. Entstanden in einem eher unedeutenden Kaff, reagiert wie auch immer auf eine empfundene männliche Dominanz in der Musikszene (ist dem so? Wenn ich Radio höre habe ich den Eindruck öfter Frauen, denn Männer singen zu hören), und dann ein paar nicht wirklich bekannte Musikkapellen als Beispiele. Als Literatur werden vor allem Artikel in Zeitschriften mit doch sehr sehr begrenzter Leserschaft angegeben, die Weblinks sind irgendwelche Foren. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier krampfhaft etwas groß geschrieben werden soll, von dem kaum jemand je Notiz genommen hat.” (vgl. Wikipedia)

Es muss also auch gefragt werden, um wessen Relevanzkritieren es geht, und unter welchen Bedingungen sie ausgehandelt werden können. Dass Beteiligung und Engagement nicht vergebens sind, zeigen der Ladyfest und der Riot Grrrl Einträge, die es bis heute gibt.

nrrrdz000003: listen und so

nrrrdz logo

Dinge die neu sind: Wir haben Snow Leopard und diverse Probleme mit unseren Computern. Marlen hat sich eine Xbox gekauft und Kathrin empfielt click to flash. Auch neu sind die Listen bei Twitter. Leute können ihre Follower_innen jetzt in Kategorien einteilen, und wir fragen uns, ob das eine strukturierende Dynamik hat. Der Facepalm des Monats ist ein Stück aus der Games und so Folge “Für Mädchen” und um Spiele wird es auch in der nächsten Folge gehen, die wir Ende November zusammen mit einem sehr tollen Gast machen werden.

[podcast]https://www.iheartdigitallife.de/podcast/nrrrdz03.mp3[/podcast]

Download (mp3, 50MB)

nrrrdz000002: keine wahlempfehlung

nrrrdz logo

In der zweiten Folge von Nrrrdz greifen wir kurz vor der Bundestagswahl ein hot topic der Netzszene auf. Wir sprechen über die Piratenpartei, Feminismus und Geschlechterpolitik. Wie haben wir die Diskussion wahrgenommen, was sind für uns die wirklich wichtigen Fragen, und warum ist das alles nicht so einfach? Passend dazu auch der Facepalm des Monats: Franziska Heine im Interview mit dem Piratenpartei-Podcast.

Links zur Folge:

  • Die Piraten-Feminismus-Debatte (Linksammlung)
  • Zusammenfassung der Diskussion bei der Mädchenmannschaft
  • Felix Neumanns Kritik am Politikverständnis der Piraten
  • Fiddle.Knows zur “Junge Freiheit”-Debatte
  • Strömungen innerhalb des Feminismus (Wikipedia)
  • Sociological Images (Löhne in Männer- und Frauenberufen)
  • PiPaPo: Podcasts für und über die Piratenpartei
  • Zum Schluss: Ein großes Danke an sv für den Jingle!

    [podcast]https://www.iheartdigitallife.de/podcast/nrrrdz02.mp3[/podcast]

    Download (mp3, 65MB)

    And I quote:

    Eine kritische Auseinandersetzung müsste sich u.E. solchen Fragen widmen, wie der nach dem jeweiligen Zugang zu gesellschaftlichen Privilegien, zu umfassenden sozialen und politischen Rechten sowie zu sozio-ökonomischen und kulturellen Ressourcen. Mit Bezug auf eine Komplexität von Macht- und Herrschaftsverhältnissen bedeutet dies, dass wechselnde Konstellationen der Machtdifferenz, der Unter- und Überordnung entstehen, deren jeweilige Stabilität oder Anfechtbarkeit sich nicht beliebig gestaltet. Unterschiedliche Positionen und die sich zwischen ihnen entfaltenden Machtdynamiken stellen den Kontext dar, aus dem heraus sich Motivationen für politische Veränderungen entwickeln. Wenn in einem spezifischen politischen Kontext unterschiedliche Ausmaße an Definitions- und Gestaltungsmacht, an Repräsentationsmöglichkeiten und Sprechpositionen aufeinander treffen, führt dies zu Konflikten. Eigene Privilegien in Frage zu stellen und den Zugang zu sozialen und politischen Rechten zu teilen heißt dann auch, Unterschiede für gesellschaftliche Veränderungsperspektiven und nicht für die eigenen Interessen produktiv zu machen. Die innewohnende Konflikthaftigkeit als produktiv für die politische Praxis anzusehen ist nicht zuletzt eine wesentliche Voraussetzung dafür, Herrschaftsverhältnisse zu analysieren und unter Bedingungen von Machtdifferenzen miteinander arbeiten zu können.

    Antke Engel, Nina Schulz, Juliette Wedl 2005: Kreuzweise queer: Eine Einleitung, in: femina politica 1/2005, Queere Politik: Analysen, Kritiken, Perspektiven, S. 14f.

    Szientismus oder Politik?

    Piraten, Gender und Pragmatik ist eine sehr lesenswerte Analyse zum Politikverständnis der Piratenpartei. In der Genderdebatte treffen “idealtypisch zwei fundamental verschiedene Positionen aufeinander: Eine szientistische und eine Standpunkttheorie”, und es habe sich gezeigt, dass viele Mitglieder der Piratenpartei vom Glauben an den gesunden Menschenverstand und objektiv fundierte Politik geprägt seien.

    Expertokratie, Technokratie, kann also nicht funktionieren. Es verkennt, daß politische Fragen im wesentlichen Wertekonflikte sind. Es läßt sich objektiv, naturwissenschaftlich, nicht klären, wer Recht hat. Ob »Freiheit« oder »Sicherheit« das Ziel von Politik sein kann, muß ausgehandelt, diskutiert werden, es müssen Kompromisse gemacht werden, und im letzten kann weder Schäuble noch die Piratenpartei für sich reklamieren, daß ihre Werte im naturwissenschaftlichen Sinne objektiv korrekt seien – und dann wird abgestimmt.

    Felix Neumann schreibt auch darüber, was das für die Diskussion über Geschlechterpolitik in der Piratenpartei heißen kann, und hat weitere Überlegungen im Text Soziale Systeme hacken formuliert. Vielleicht kann seine Analyse dazu beitragen, die Logik mancher Debatten zu durchschauen und Strategien zu entwickeln, feministische und queere Anliegen besser zu vermitteln, so eine sich darauf einlassen will.